Freitag, 20. April 2007

Abbau von Studienplätzen geplant?

LZ vom 20.04.: Im Niedersächsischen Verwaltungsgericht landen die Klagen all derer, die sich in einen Studienplatz einklagen müssen. Solche Fälle werden immer häufiger und Gerichtspräsident Dr. van Nieuwland ist der Auffassung, dass es bei der Vergabe von Studienplätzen nicht mehr gerecht zugeht:
Der Hochschulzugang ist mittlerweile so kompliziert, dass selbst ich es nicht mehr überschaue - ebenso die Bürger auch nicht mehr. Das System ist dermaßen unübersichtlich, weil jede Universität für sich eigene Zugangsvoraussetzungen aufstellt. Es ist nicht mehr zu verstehen.
Genau das aber plant die Landesregierung und genau das setzen Spoun/Keller mit Überzeugung um. Ab dem Wintersemester 2007 müssen sich die Abiturienten an der Universität Leuphana bewerben. Sie müssen Lebensläufe einreichen und bekommen skurrile Bonuspunkte, falls sie beispielsweise schonmal MdL waren. Sie nehmen an einem kleinen Marathon teil, der u.a. ein Auswahlgespräch und einen schriftlichen Test enthalten wird.

Es ist eine Unverschämtheit, ein bestandenes Abitur (auch genannt: allgemeine Hochschulreife) derart herab zu würdigen. Welchen Sinn hat eigentlich die bestandene Abitursprüfung, wenn die Uni vor Ort nochmal nachprüfen möchte? Davon abgesehen bedeuten Aufnahmetests erheblichen Aufwand für die Bewerber. Sie wissen ja nicht ob sie genommen werden und müssen sich gleich an mehreren Hochschulen bewerben und diese dann auch noch reihum bereisen. Die Einführung der Studiengebühren sollte die Studierenden eigentlich zu Kunden und die Uni zum Dienstleister machen: Hier zeigt sich der umgekehrte Geist: Der angehende Student ist Bittsteller, der dann zahlen darf, falls ihm die Gnade der Aufnahme zuteil wird. Bildung für alle sieht anders aus. Apropos Studiengebühren: Auswahlverfahren sind aufwändig und kosten Geld, das in der Lehre fehlen wird.

Aufnahmetests haben eigentlich nur Sinn, wenn die Universität Leuphana plant, nur noch Elitestudenten wohlhabender Eltern anzunehmen, wofür ja Neuausrichtung, Außenauftritt und Dr. Spouns neoliberale Geisteshaltung durchaus sprechen. Das würde aber bedeuten, dass auch die Anzahl der Studierenden sinken wird. Tut sie es? Nochmal Gerichtspräsident Dr. van Nieuwland:
Es ist paradox, dass alle in der Politik von mehr Investitionen in die Bildung reden, aber Studienplätze abgebaut werden.
Genau das planen Spoun/Keller nämlich.
Die Zahl der Studierenden soll, nach einer kurzen Konsolidierungsphase, deutlich wachsen.
sagten sie vor dem Rat der Stadt am 19.04. Ist Geldausgeben für Logos, Webseiten und Audimax zu Lasten der Lehre nicht das Gegenteil von Konsolidieren? Es müssen Zweifel erlaubt sein, was mit einer "kurzen Konsolidierungsphase" eigentlich gemeint ist. Erinnern wir uns: Der Name "Leuphana" war monatelang nur ein "Diskussionbeitrag", obwohl intern längst alles in die Wege geleitet worden war. Das "Audimax" war noch vor einem Monat eine "Überlegung von Gruppierung" ohne Plan und Modell und ist heute schon quasi beschlossene Sache.

Vor diesem Hintergrund fragen wir, wie lange denn eine kurze Konsolidierungsphase so dauert? Und wie stark soll die Zahl der Studierenden sinken? Wir befürchten weiterhin, dass durch die so genannte Konsolidierung einige Studiengänge immer weiter beschnitten werden, bis sie so geschwächt sind, dass es in ein paar Jahren logisch erscheint, sie gänzlich zu streichen. Leuphana auf dem Weg zur Business-School?

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Als erstes ist die unter "Sie nehmen an einem kleinen Marathon teil, der u.a. ein Auswahlgespräch und einen schriftlichen Test enthalten wird." verlinkte Uniseite noch ncht up to date, die enthält noch das alte Studienbewerber-Verfahren...

Das mit so veralteten Kozepten wie
" * bis zu 8 % an ausländische Bewerberinnen und Bewerber
* bis zu 2 % an Härtefälle
* bis zu 3 % an Bewerberinnen und Bewerber für ein Zweitstudium
* ein zu ermittelnder Anteil an Berufsqualifizierten (höchstens 10%)" und anderem ideologischen Ballast aus den 70er Jahren arbeitet.

Was die Studierendenzahlen angeht: die Konsolidierung wird mindestens bis 2010 laufen, denn wir haben einen "Zukunftsvertrag" hier in Nds. Der deckelt die Hochschulmittel. Ausnahmen und Zugaben gibst nur für unsere McKinsey-Jünglinge im Präsidium (sechsstellig), die neue "Technische Hochschule Niedersachen" (25 Mio), die Lüneburger Bücherbettelaktion (25K €) und andere absolute Notfälle.

Und auch die graduate, doc- und professional students zählen in Studierendenzahlen. Die Stadt interesiert doch nur, das die Zahl der Kaufkraftträger vor Ort nicht sinkt. Hei, etwa ein Drittel der Studierenden wohnt ausserhalb (Hamburg, Lübeck, Norddeutschland), die fallen eh nicht ins Gewicht.

Frei nach Keller: "Neben dem Studium arbeiten, Kinder erziehen oder pendeln sei künftig nicht mehr möglich.

Kleiner Witz zum Schluß: Zwar kommt in LG ein Teilzeitstudium, aber dafür können die meisten Studiengebühren-Kredite nicht beantragt werden...

Anonym hat gesagt…

Ach, und noch was:
"Der angehende Student ist Bittsteller, der dann zahlen darf, falls ihm die Gnade der Aufnahme zuteil wird."

Das heißt übrigens im fachsprech "doppelte Passung". Der Kunde Student sucht sich das Uniprofil, das ihm/ihr passt, und bewirbt sich dann, um zu zeigen, das er der richtige ist, das das Dienstleistungsangebot der Uni zu ihm passt. Das hat nix mit Bittsteller und Gnade zu tun, sondern mit Schablonen, optimaler Humankapitalverwertung und technokratischer Enthumanisierung. Es gilt ja immerhin den Wletwirtschaftskrieg zu gewinnen, und dazu brauchen wir Leuphana-Schocktruppen...

HUT! HUT! HUT!

Siehe auch http://www.faz.net/s/RubB1763F30EEC64854802A79B116C9E00A/Doc~E9FA2DC8144364034B9A8E0D6BD935BC0~ATpl~Ecommon~Scontent.html

"Beim Mittelständler schickt man in der Regel seine Bewerbung los, [... ] und damit ist die Sache gelaufen, [...] In Großunternehmen müsse man dagegen mehrere Verfahrensstufen durchlaufen, bis hin zum Assessment-Center."

leuphaNO hat gesagt…

Ja, natürlich ist dort noch das alte Verfahren verlinkt. In der Einleitung steht aber, dass genau dieses Verfahren nicht mehr gelten und ein Auswahlverfahren eingeführt werden wird. Übrigens sind mir nachvollziehbare Quoten anhand klarer Kriterien lieber als Auswahlgespräche, in denen ich je nach Tagesform, Gesprächsführer und Nasenform vielleicht als nicht studierfähig eingestuft werde...

Anonym hat gesagt…

Äh, Tagesform?

AbsolventInnen der Leuphana sind IMMER fit!
AbsolventInnen der Leuphana werden NIE krank!
AbsolventInnen der Leuphana können drei Wochen ohne Essen und eine ohne Wasser auskommen, ohne ihren Notenpegel zu gefährden!

Wer sowas nicht im Vorfeld garantieren kann, IST falsch hier.

Quotenregelungen? Bist du etwa ne Frau oder sonst irgend ne unterdrückte Minderheit?

Seht es ein: die Idee, das jeder studieren darf und es möglichst viele auch tun sollen, ist eine veraltete Idee dieser 70er Jahre-Kommunisten von OECD und UNESCO. Weiß doch jeder, das die damals von Castro gekauft wurde, damit die proletatischen Junghorden die Bastion des Bürgertums schleifen und unseren Arbeitgeber Beleidigungen oder gar Kugeln an den Kopf knallen!

Wir stehen in einem GLOBALEN WELTWIRTSCHAFTSKRIEG, und du machst dir Sorgen über dein in der deutschen Verfassung abgesichertes Grundrecht auf freie Berufswahl?

Ihr seid ein Fall für ein Spezial-Verhör-Team des BKA... Habe schon ne Mail an Schäuble geschrieben, bitte bleibt am Tatort, äh, Rechner sitzen und deaktviert eure Firewall.

Anonym hat gesagt…

Info zur Hochschule St. Gallen

- Die Hochschule wurde dereinst für 2.000 Studierende geplant.

- 4.900 Studenten (1998 waren es 4.200) und 80 Professoren.
(Herr Dr. Spoun und Herr Keller sind also mit den Größenordnungen der Universität Lüneburg nicht vertraut.)

- St. Gallen nennt sich "Hochschule für Wirschaftswissenschaften, Rechts- und Sozialwissenschaften"
(Im Umgang mit Technischen Studiengängen, wie sie für die ehemalige FH Lüneburg typisch sind(z.B. Automatisierungstechnik), kennt sich Dr. Spoun nicht aus.

- St. Gallen hat die größte wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Schweiz.

- An der Hochschule St. Gallen studieren überwiegend Männer.