Samstag, 31. März 2007

Markenentwicklung für Universitäten

Interessanter Artikel von Markenbusiness.com über den Trend, dass Universitäten sich zu Marken entwickeln.

Donnerstag, 29. März 2007

Dem Sascha sein Holm dessen Daniel das Audimax

Auf der Informationsveranstaltung am 20.03. gab Vizepräsident Holm Keller umfassend Antwort auf die Frage, ob ein Audimax geplant sei:
Wir sind weder in der Lage noch in der Position, so etwas zu finanzieren.
Da es keinerlei Finanzierungsmöglichkeiten gibt, könnte man das Thema ruhen lassen und sich wichtigeren Dingen widmen, jedoch weiter:
Wir wissen, dass wir Raummangel haben. Nicht in allen Standorten aber in vielen Standorten. Wir wissen dass Baumittel (...) ein knappes öffentliches Gut sind. Wir sind in einem Prozess, in dem wir überlegen, was wir brauchen und wer ähnliche Interessen wie die Universität Lüneburg hat, sodass man sich zusammentun kann.
Ohne Moos trotzdem was los. Welche gemeinsamen Interessen könnte es geben, die Geld in die Kasse spülen? Ein McKinsey-Lehrstuhl für BWL? Oder einfach doch ein Audimax, das der Stadt Lüneburg zugleich als Stadthalle dient?
Es gibt keinen Bauantrag. Es gibt keinen bestellten Architekten. Es gibt kein Modell.
Was nicht ist, kann ja noch werden. Und weil es das alles noch nicht gibt, fährt ein Studentengrüppchen zu Daniel Libeskind nach New York.
...gleichzeitig einen Wirtschaftsfaktor für die Region zu schaffen.
Was außer einem Audimax wäre denn ein Wirtschaftsfaktor für die Region? Rein baulich gesehen jetzt.
Es gibt verschiedene Gruppierungen, die überlegen, was das ist, was wir hier brauchen.
Oh, das Präsidium stellt keine Überlegungen an, auch kein Ausschuss oder sonstwie gewähltes Gremium tut dies, es sind Gruppierungen. Darf man fragen, welche? Und haben Gruppierungen hier eigentlich was zu sagen?
In der Phase eines solchen Projektes sind wir im Moment. Das ist so. Sie werden keinen einzigen Vertrag finden, den kann es nicht geben. Sie werden keinen einzigen finanzierten Euro finden, den kann es nicht geben.
Gut, wir sind in einer Phase, wo es irgendwie eigentlich (noch) gar nichts gibt, außer Überlegungen von Gruppierungen. Das liest sich dann in der Lünepost so:
Die marode Nordlandhalle (...) wird wohl doch nicht zur Kongress- und Veranstaltungshalle umgebaut. Neuer Favorit ist der Uni-Campus. Dort soll ein Audimax (Riesenhörsaal mit 3000 Plätzen) entstehen, das zugleich als Konzerthalle genutzt werden könnte.

Eine Lüneburger Uni-Gruppe unter Führung von Präsident Prof. Dr. Sascha Spoun ist bereits nach New York zum weltberühmten Architekten Daniel Libeskind geflogen und hat die Pläne erörtert. Libeskind, ein Freund von Spoun und dessen Stellvertreter Holm Keller, hat Mitarbeit beim Projekt Audimax (...) zugesichert.
Und weiter:
"Das Projekt wird aus Hannover sehr wohlwollend begleitet (...)", sagt Althusmann. Er hatte ein Treffen mit den Uni-Chefs Spoun und Keller. "Sie haben mir die Pläne vorgestellt. (...)"
Darf mensch mal fragen: Was für Pläne??? Etwa die Pläne, deren Existenz Keller öffentlich bestreitet, bzw. euphemistisch als Überlegungen von Gruppierungen bezeichnet?
Schon kommende Woche will der Oberbürgermeister dem Verwaltungsausschuss vorschlagen, die Umbaupläne für die Nordlandhalle auf Eis zu legen.
Und das alles ganz ohne Pläne? Äh... mit Pläne? Also mit ohne Pläne?

Um das mal ganz klar zu sagen: Zusammenlegung von Audimax und Nordlandhalle mag eine gute Idee sein, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, wobei fraglich bleibt, wie jenseits der Nutzung als Stadthalle die Uni ein so großes Gebäude mit studienbezogenen Veranstaltungen füllen will.

Es geht hier weniger um das pro/contra Audimax sondern um die Ungereimtheiten, die wieder den Eindruck entstehen lassen, das Gespann Spoun/Keller plane irgendwelche Neuerungen unter größtmöglicher Umgehung von Gremien und Studenten, ähnlich wie es auch bei der Neuausrichtung und der Umbennung gelaufen ist.

Es geht weiterhin darum, woher die Gelder für eine solche Halle kommen sollen. Spoun/Keller versprechen, dass keine Mittel aus Studiengebühren dafür verwendet und dass keine Gelder aus der Lehre abgezweigt werden. Das ist grober Unfug. Die Tatsache, dass Gelder aus Studiengebühren im Haushalt vorhanden sind, bedeutet auch, dass sie direkt oder indirekt für diese Projekte verwendet werden, ganz einfach weil sie im Haushalt disponabel sind oder andere Gelder disponabel machen. Erst wenn man sämtliche Einnahmen aus Studiengebühren streicht, den gesamten Haushalt aus dem Rest bestreitet und dann immer noch genügend Mittel für Bauten übrig sind, könnte man zurecht behaupten, keine Studiengebühren verwendet zu haben.

Noch größerer Unsinn ist die Zusage, Baumaßnahmen gingen nicht zu Lasten der Lehre. An der Uni herscht Einstellungsstopp. Die Lehre ist unterfinanziert. Keller selbst bezeichnet die Finanzlage als die "schlechteste Deutschlands". Vor diesem Hintergrund gilt: Jeder Euro, der für etwas anderes ausgegeben wird, ist ein Euro zu Lasten der Lehre!

Was ist wichtiger: Dass Vorlesungen künftig überhaupt stattfinden, Arbeiten einigermaßen zügig korrigert werden, Tutorien angeboten werden usw... oder ein Audimax?

Dienstag, 27. März 2007

Schlechteste Uni Deutschlands?

Die Landeszeitung schreibt am 27.03.2007:
Empörung über angebliches Zitat von Holm Keller - Donner bemüht Anwalt

oc Lüneburg. Das Echo im deutschen Blätterwald auf die Neuausrichtung der Universität Lüneburg war weitgehend sehr positiv. Jetzt aber heizt ein großer Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die Hochschul-interne Diskussion an. "Eine schlechte Universität will exzellent werden" titelt die FAS und zitiert Uni-Vizepräsident Holm Keller mit den Worten: "Die Universität Lüneburg ist eine der schlechtesten deutschen Universitäten." Der Satz löst Empörung bei den Lehrenden und Studierenden in Lüneburg aus, sodass Keller gestern mit einer Uni-internen Mitteilung reagierte. Er sei falsch zitiert worden, gesagt habe er: "Die Universität Lüneburg ist eine der schlechtest finanzierten Hochschulen Deutschlands."
Keller beklagt, dass sich die FAS im Unterschied zu anderen Medien die verwendeten Zitate nicht habe autorisieren lassen. In dem FAS-Text wird Keller auch mit den Worten zitiert: "An den Leuten liegt es nicht."
Juristischen Ärger gibt es nun auch wegen des ganzseitigen Artikels in der Wochenzeitung "Die Zeit" vom 22. März (LZ berichtete). Dort stand, dass der Vorgänger von Uni-Präsident Professor Sascha Spoun die Hochschule "nach über anderthalb Jahrzehnten autoritärer Herrschaft in einem erbärmlichen finanziellen Zustand zurückgelassen hat".
Dagegen verwahrt sich der ehemalige Universitäts-Präsident, der namentlich nicht erwähnte Professor Dr. Hartwig Donner: Die Universität Lüneburg habe Jahr um Jahr Überschüsse erwirtschaftet. Hartwig Donner hat einen Juristen eingeschaltet, um eine Gegendarstellung in der "Zeit" zu erreichen.

Wem gehört Leuphana?

Wie jedermann auf der Webseite des deutschen Markenregisters nachlesen kann, gehört die Marke Leuphana tatsächlich nicht der Universität sondern der Werbeagentur Scholz & Friends.

Marken werden in verschiedenen Klassen registriert, da wohl keine Verwechslungsgefahr besteht, wenn Schuhe und Automotoren von verschiedenen Firmen unabhängig voneinander unter einer Marke vermarktet werden sollen. Leuphana ist für 16 solcher Klassen eingetrage, unter anderem (stark gekürzt):
Computer-Software, Mausmatten (Mauspads), Aktendeckel und -hefter aus Papier und Pappe, Heft- und Büroklammeren, Abziehbilder, Rubbelbilder, Papier- und PVC-Aufkleber, Papiertüten, -taschen, -beutel, Geschenkpapier, Partyartikel, Luftschlangen, Tischdekorationen, Geldbörsen, Kosmetikkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme, Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, Kämme und Schwämme, Bürsten, Putzzeug, Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas, Glaswaren, Porzellan, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Socken, elektronische Spiele, Gesellschaftsspiele, Kartenspiele, Fußbälle, Biere, nichtalkoholische Getränke, Werbung, Erstellen und Herausgabe von Statistiken, Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, Kunst- und Künstlerförderung, Veranstaltung von Modeschauen, Dateienverwaltung mittels Computer, Durchführung von Transkriptionen, Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien, Facility management, Erstellung von Steuererklärungen, Erstellung von Wirtschaftsprognosen, Verbraucherberatung, Herausgabe von Druckerzeugnissen, Merchandising, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations), Outsourcing-Dienste, Personal-, Stellenvermittlung, Personalanwerbung, Personalauswahl mit Hilfe von psychologischen Eignungstests, Überlassung von Zeitarbeitskräften, Vermittlung von Adressen, e-commerce, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Finanzdienstleistungen, Bankgeschäfte, Finanzanalysen, Sponsoring, Franchising, Gewährung von Krediten, Kreditvermittlung, Investmentgeschäfte, Wirtschaftsförderung und Ausbildungsförderung, Vergabe von Stipendien, Vergabe von Förderpreisen, finanzielle Existenzgründungsberatung, Immobilienwesen, Sammeln von Spenden, Versicherungswesen, Technologieförderung, Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Bauwesen, Telekommunikation, Mehrwertdienste, Einstellen von Web-Seiten ins Internet für Dritte, Autovermietung, Personenbeförderung, Transportwesen, Kurierdienstleistungen, Erziehung und Unterricht, insbesondere in Universitäten und Akademien,; Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten, Berufsberatung, Betrieb eines Internats, Betrieb von Kindergärten, Betrieb von Museen, Betrieb von Sportanlagen, Betrieb von zoologischen Gärten, Bücherverleih, Durchführung von pädagogischen Prüfungen,; Durchführung von Spielen im Internet, Fernunterricht, Filmproduktion, Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, Komponieren von Musik, religiöse Erziehung, Veranstaltung von Bällen, Veranstaltung von Lotterien, biologische Forschung, Design von Homepages und Webseiten, Dienstleistungen eines EDV-Programmierers, Dienstleistungen eines Grafikers, Dienstleistungen eines Juristen, Durchführung von Erdölsuchbohrungen, Impfen von Wolken, Mediation, Überprüfen der Straßentauglichkeit von Fahrzeugen, Überwachungsdienste im Bereich des geistigen Eigentums, Wettervorhersage, Catering, Vermietung von Ferienhäusern, Gästezimmern, Betrieb von Hotels, medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen, Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere, Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft
Dieser Markeneintrag kostet jährlich 1600 €, Honorar für den Anwalt noch nicht mitgerechnet. Diese Kosten hat aber nicht die Uni, sondern die Werbeagentur Scholz & Friends, denn die Marke mit all ihren Rechten ist auf diese Agentur eingetragen. Sollte die Agentur jemals auf die Idee kommen, irgend etwas selber unter dem Namen Leuphana vermarkten zu wollen: Die Uni wäre dem machtlos ausgeliefert.

Laut Markenregister wurde der Antrag auf Markenschutz am 17. Oktober 2006 gestellt. Sechs Wochen später schreibt Univativ:
Der Vorschlag des Präsidiums (...) sorgte bei Redaktionsschluss für viel Diskussionsstoff auf dem Campus. Eine abschließende Entscheidung über diesen Plan war allerdings noch nicht gefallen.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt... Die Widerspruchsfrist, übrigens, läuft noch.

Sascha bloggt

Hier bloggt der Präsident zum Anfassen. Kleines Satire-Blog für alle, die zwischen McKinsey-Abneigung und Elite-Angst mal etwas Spaß haben wollen...

Montag, 26. März 2007

Die Tretmühle

In "Erfolgreich studieren" beschreibt Sascha Spoun, wie er sich den Alltag eines Studenten vorstellt:
Die Universität geht in der Regel (...) davon aus, dass das Studium eine Vollzeitbeschäftigung ist.
Was bedeutet Vollzeit? 40,9 Stunden pro Woche, die in Deutschland durchschnittlich gearbeitet wird? Oder 48 Stunden, die gesetzliche Höchstgrenze dessen, was Arbeitgeber ihren Angestellten zumuten dürfen? Oder noch mehr, wie häufig bei Selbstständigen?
Das Studienjahr umfasst (...) etwa 1800 Arbeitsstunden. Dies bedeutet 40 Wochen zu je 45 Stunden reine Arbeitszeit für einen durchschnittlich begabten Studenten.
Spoun jedoch will mehr. In seinem Musterstundenplan kommt man locker auf 67 Stunden (alle studienbezogenen Tätigkeiten zusammengerechnet).


(Abbildung aus Sascha Spoun: Erfolgreich studieren)

Das ideale Bachelor-Studium nach Spoun (und Bologna?) gleiche also einer Tretmühle, in der kein Platz für andere Dinge außer ein wenig Sport ist. Das schmale Quantum an Freizeit erschöpft sich beispielsweise mit einem einzigen Kinobesuch. So einen Stundenplan über Jahre hinweg durchzuhalten, erfordert geradezu mönchische Disziplin. Das weiß auch der Sascha:
Deshalb wurde der Tagesbeginn (...) auf sechs Uhr früh (...) gelegt. Die Morgenaktivität (...) nutzt das erste Hoch des Tages und fußt auf alten Traditionen in Klöstern.
Soziales, Engagement, Sinn für seine Umwelt, Freundschaft und Liebe haben keinerlei Raum (und den Lebenspartner/die Lebenspartnerin, der/die sich mit einem Abend pro Woche abspeisen lässt, möchte ich gerne mal sehen). Bei einem solchen Modellstudium kann tatsächlich nur der stromlinienförmige Einheitsabsolvent herauskommen, welcher klaglos seine Freizeit für seinen globalisierten Arbeitgeber opfert und ansonsten einmal im Jahr in eine andere Stadt zieht. Ein derart sozial und psychisch verkrüppeltes Leben zu führen, soll in Zukunft schon an der Uni gelehrt werden.

Nicht weiter erläutern muss ich, was dieses Studium für all die Studenten bedeutet, die keinen (ausreichnenden) Unterhalt von ihren Eltern beziehen. Während der Vorlesungszeit arbeiten 68% aller Studierenden, und zwar im Schnitt 7 Stunden pro Woche. Studierende über 30 doppelt so viel, denn sie erhalten ja in der Regel kein Bafög mehr.

Das spielt aber wohl keine besondere Rolle, denn wer finanzielle Schwierigkeiten beim Studium hat und sich auch ansonsten nicht mal eben Laptop und Auslandsaufenthalt leisten kann, wessen Eltern nicht einfach so 500 bis 1000 € monatlich für Unterhalt übrig haben, wer kein Stipendiat wie Sascha Spoun ist, der entstammt dann ja wohl eher einer "Unterschicht" und ist nicht Zielgruppe der Leuphana und der Unternehmen, die Leuphana-Absolventen einstellen würden.

Der Student als Unternehmer

Sascha Spoun fordert in Reden, Interviews oder seinem Buch "Erfolgreich studieren", dass Studenten Unternehmer in eigener Sache sein sollen. Auch wenn diese Metapher dynamisch und einleuchtend klingt und wunderbar in die Zeiten der Globalisierung passt, sollte man fragen dürfen, was das Unternehmersein alles so impliziert.
Es ist Ihre Aufgabe, Chancen und Risiken zu identifizieren, Alternativen abzuwägen und Entscheidungen zu treffen.
Das freilich ist eine sehr rosa gefärbte Sicht des Unternehmertums. Chancen und Risiken idendifiziert, Alterntiven wägt ab, Eintscheidungen trifft jeder Arbeitnehmer, jede Hausfrau, sogar jedes Schulkind. Was also macht den Unternehmer eigentlich aus? Er ist zunächst nur sich selbst verantwortlich, darf über die Verwendung seiner Ressourcen frei bestimmen und vor allem kann sich ohne äußere Zwänge seine Zeit frei einteilen. Hier hakt es schon ganz gewaltig. Studenten werden einem eng gestrafften Stundenplan unterworfen, müssen willkürlich vorgegebene Prüfungsinhalte pauken - und zwar mit Fristen, die sie keinesfalls selber setzen oder auch nur aushandeln können. Es ist zu erwarten, dass sich diese Situation im (Leuphana-)Bachelor noch erheblich verschärft.

Studierende sind also dem Druck seitens der Uni ausgeliefert. Parallel dazu unterliegt der Unternehmer dem Marktdruck. Er muss sich permament im Konkurrenzkampf behaupten. Der Markt funktioniert wie ein Biotop, es gilt "Survival of the Fittest". Das muss sogar so sein, damit der Markt funktioniert. Unternehmer, die sich solidarisieren, würden sich erheblichen Ärger mit den Wettbewerbsbehörden einhandeln. Überträgt man also das Bild des Unternehmers auf die Studenten, dann würde die Uni zu einem Markt, an dem nur diejenigen überleben, die dem Konkurrenzkampf trotzen, genug Ellenbogen besitzen, Soldarisierung mit Komilitonen als anrüchig empfinden. Der Student als Unternehmer, das hieße den Campus zu asozialisieren!

Hat Sascha Spoun das gemeint? Und wenn er es nicht meint, warum sagt er es dann?

Sonntag, 25. März 2007

Leserbrief in der LZ vom 24.03.07

Wenn Wissenschaftsminister Stratmann behauptet, dass "unter Beibehaltung der alten Strukturen (...) die Universität Lüneburg nicht wettbewerbsfähig gewesen wäre", widerspricht er sich nicht nur selbst, da er richtig feststellt: "Was sich in Lüneburg seit einigen Jahren abspielt, ist ungewöhnlich." In der Tat: Die "alte" Universität hatte sich schon seit 1990 zu einer modern ausgerichteten Hochschule entwickelt. sie besaß mit den neuen Studiengängen Kultur- und Umweltwissenschaften ein bundesweit einzigartiges Profil, war seit 2003 Stiftungsuniversität, seit 2005 mit der FH fusioniert und gerade dabei, ab 2005/06 die Binnenstruktur (Fachbereiche, Institute) neu zu ordnen und das neue Bachelor-/Mastersystem einzuführen - als der neue junge Zampano mit seiner kleinen Führungsmannschaft erschien, alles stoppte, zu Schrott erklärte und des Kaisers neue Kleider als Lüneburgs Antwort auf die Herausforderung des 21. Jarhunderts verkaufte. Sehr beeindruckend, das. Richtiger wäre es gewesen, das vorhandene Gute und dessen nachweisliche Akzeptanz behutsam auszubauen, anstatt ein hochriskantes "Neues" von oben zu installieren, das in machem sogar ein recht verstaubtes Altes ist: "Major" und "Minor" gab es als "Haupt-" und "Nebenfach" schon immer, im "Lüneburg-Semester" feiern Formen des alten Eingangssemesters Wiederkehr und die "Professional School" ist nur ein neuer Name für den altehrwürdigen Weiterbildungsauftrag jeder Universität. Wirklich neu ist der blamable Name Leuphana, die Platzierung einer Bildungseinrichtung als Ware, ihr Managen als Unternehmen und der amerikanisierende PR-Jargon.

Dass diese neue Leuphana im Kern eine betriebswirtschaftliche Kaderschmiede werden soll, bei deren Betrieb die FH und die Lehrerbildung nur störender Ballast und die Kultur- und Umweltwissenschaften nette Zutaten sind, wird sich bald zeigen - wenn deutlich wird, wer wohin berufen wird und wo Stellen wegfallen, wer mit welchen Geldmitteln ausgestattet wird und wer nicht.

Der Minister lobt einen "Aufbruch", der treffender als Abbruch zu bezeichnen ist.

Peter Stein
Dekan FB 1 1987/88
Prorektor 1990-92
Lüneburg

Samstag, 24. März 2007

Ziele und Fahrplan

Dieses PDF-Dokument skizziert grob die Ziele der Neuausrichtung und den Zeitplan dorthin.

Im Sinne des Ministers

Professoren, Fachbereiche, Studenten befürchten eine einseitige Ausrichtung auf die Belange der Wirtschaft, vereinfacht gesagt: Dass die Uni zu einer Business School mit KuWi-Feigenblatt wird. Dies wird jedoch von der Uni-Leitung dementiert. Dabei hat Bildungsminister Stratmann in einem Deutschlandradio-Interview bereits 2006 gesagt, wohin die Reise geht:
Das hat mit Anforderungen zu tun, die durch hohe Innovationsgeschwindigkeiten, durch veränderten Bedarf der Wirtschaft usw. zu tun haben. Das bedeutet in der Tat, dass sozusagen der anwendungsorientierten Ausbildung...
Stratmanns Geschwafel hat geradezu stoibersche Qualitäten:
Also es wird universitäre Studiengänge geben, bei denen vielleicht dann die Ergebnisse der Evaluation zutage bringen, dass es sich nicht um einen Studiengang handelt, der von sich in Anspruch nehmen darf, universitären Charakter zu haben. Das wird so sein, und dann wird man mit der Universität in Gespräche eintreten müssen, wie man mit diesem Studiengang umgeht, ob man ihn etwa so umstrukturiert, dass universitärer Charakter entsteht, oder ob man dann ehrlicherweise sagt, hier besteht eher der Raum für eine starke Anwendungsorientierung, dann machen wir es auch, und dann habe ich dort einen Bachelor erworben, der dann eher ein Fachhochschulbachelor ist, wobei wir ja auch diese Differenzierung nicht mehr vornehmen, ich meine, das ist eben doch sehr komplex, das Thema, ich spreche deshalb eben ungern von den Institutionen, sondern ich spreche deshalb lieber von den Studiengängen, also von den anwendungsorientierten oder von den wissenschafts- und forschungsorientierten Studiengängen.
Zusätzlich zu Bachelor und Master also noch die Abstufung Bachelor (FH) und Master (FH)? Das nennen wir dann Leuphana-Bachlor, weils besser klingt...

Freitag, 23. März 2007

Falsches Zitat in der ZEIT

Im ZEIT-Artikel „Präsident Tabula rasa“ vom 22.03.2007 wird Ralph Koglin, ehemaliger ASTA-Sprecher, falsch zitiert:
Und tatsächlich, es sieht so aus, als könnte der junge Uni-Präsident mit seiner Charmeoffensive das Unwahrscheinliche schaffen: Die Stimmung auf dem Campus dreht sich. Selbst seine größten Kritiker loben die offene Gesprächskultur, die mit Spoun in die Universität eingezogen ist. Und Ralph Koglin, der bei Spouns Amtsantritt Asta- Sprecher war, sagt: »Wenn Sie jemanden suchen, der kein gutes Haar an der Reform lässt, bin ich nicht der Richtige. Statt über die schlechte Lage zu lamentieren, nimmt da einer das Heft endlich in die Hand und handelt.«
Kritik und negative Aussagen wurden völlig unterschlagen, positive Aussagen verfälscht. Dazu hat Ralph Koglin eine Gegendarstellung geschrieben.

Passt ja irgendwie zum Artikel in der LZ, wo samt Bildchen nur Jubelperser und Ahnungslose zitiert wurden...

Kommentare

Falls jemand Kommentare loswerden möchte: Bitte wiederholen. Alte Kommentare sind wegen eines Fehlers verloren gegangen. Der ist jetzt behoben. Danke.

Pressemitteilung des ASTA

Reaktion des ASTA auf die Pressekonferenz:
... Da der Neuausrichtungsprozess der Universität Lüneburg über die Köpfe der Studierenden hinweg entschieden wurde - obgleich es diese sind, die es letztendlich betrifft – und es immer noch an der gewünschten und versprochenen Transparenz im Zuge des gesamten Prozesses fehlt, hatte das Politikreferat des Allgemeinen Studierendenausschusses der nun Leuphana Universität Lüneburg zu einer Kundgebung aufgerufen. Zwar gab es in der Vergangenheit Arbeitsgruppen mit studentischen Mitgliedern zum Bachelor und auch zum akademischen Kalender, deren Mitwirkung allerdings weitgehend in den Grenzen der Scheinpartizipation befangen blieb – denn weder hatten die Studierenden durch die Schnelligkeit des gesamten Prozesses die Möglichkeit oder die Kapazitäten, sich erfolgreich einzubringen, noch wurden die Arbeitsgruppen ausreichend kommuniziert...

Video

Video der Informationsveranstaltung am 20.03. in der Bibliothek sowie der Pressekonferenz am 21.03. in Berlin

Weitere Stimmen: Auch ein Prof

Im letzten Post habe ich nur die üblichen Verdächtigen zitiert, ASTA und Co., die ja angeblich sowieso immer gegen alles sind... ;-) Aber auch Kurt Bader (BdWi), Professor für Psychologie im Fachbereich Sozialwesen, hat ein durchaus schlüssiges Papier beigesteuert.

Was gebraucht ist, sind Qualifikationen, die so gestrickt sind, dass sie es ermöglichen, einer gewissen Basis von sog. Schlüsselqualifikationen (vor allem das effektiv und freiwillig zu tun, was von einem verlangt wird) speziellere Qualifikationen aufzupfropfen. Diese zwei Stränge finden wir in hervorragender Weise in der globalen Zweiteilung des Studiums in das Fußvolk „bachelor“ und den Offizieren des „masters“ wieder. [...] Und wer organisiert das mit Chuzpe? In Deutschland macht das seit Jahren der Bertelsmann-Konzern, unser Aus-Bildungs-thinking-tank. Man nehme also eine Bildungseinrichtung in einer kleinen Stadt in Norddeutschland, die bisher kaum politisch auffällig geworden ist, und mache aus ihr eine Ausbildungseinrichtung oben beschriebener Art. Gleichzeitig soll an diesem Beispiel demonstriert werden, dass Effektivität im unternehmerischen Sinne auch kostengünstig sein kann – man muss nur die „Bildungsnebenkosten“ reduzieren. Dazu bedarf es lediglich der Fusionierung zweier ortsansässiger Hochschulen, einer Verschlankung des Studienangebotes, einer Öffnung gegenüber der sog. Wirtschaft z.B. durch Umwidmung in eine Stiftungsuniversität - und vor allem einer gut tönenden Werbetrommel, denn wir sind ja neo-liberal und setzen auf den Markt. [...] Und wer organisiert das? Am besten wäre es, wenn wir für diesen Veränderungsprozess eine neue Führung hätten, die Kontakte zum tonangebenden Bertelsmann-Konzern vorweisen könnte, Erfahrungen in der Veränderung von Hochschulen hätte, qualifiziert wäre in werbewirksamer Öffentlichkeitsarbeit und sich in der Lage sähe, sich hierzu kulturell-künstlerischer Mittel zu bedienen. Diese Führungscrew sollte jung und dynamisch sein, oder zumindest wirken, und sich dem neoliberalen Leitbild verpflichtet fühlen.

Donnerstag, 22. März 2007

Meinungen zu Leuphana

Die Landeszeitung überschlägt sich mit Lob. Heute hat sie unter anderem kleine Bildchen von Studenten mit Kurzmeinung abgedruckt. Tenor: irgendwie gut, irgendwie interessant, eigentlich wissen wir von nichts, abwarten. Woher sollen die armen Studis auch etwas wissen über einen Prozess, zu dem bisher kaum etwas vernünftig kommuniziert wurde? Insider haben da durchaus ihre Meinung, z.B.

Studierendenparlament und ASTA:

...ist die Umstrukturierung der Universität Lüneburg zu der Marke „Leuphana Universität Lüneburg“ nachvollziehbar, aber grundsätzlich abzulehnen. An die wirtschaftlichen Interessen angepasst, sollen Leuphana-Abgänger von einem individuellen Persönlichkeitsbild geprägt sein und die auf dem Arbeitsmarkt erforderliche Vielseitigkeit mitbringen. [...] Eine soziale Selektion ist leider abzusehen, die Idee einer freien Bildung für Jedermann bleibt zurück. [...] Im Laufe des letzten Jahres haben sich jedoch einige Versäumnisse in der Kommunikation seitens der Universitätsleitung herausgestellt – interne Öffentlichkeitsarbeit und Informationsaustausch blieben sowohl bei der Namensgebung, der Einführung eines neuen akademischen Kalenders, der Umstellung der Studiengänge, als auch bei Gerüchten „ohne faktische Grundlagen“, wie beispielsweise einem geplanten Audimax ein Opfer von Schnelligkeit und fehlerhaftem Kommunikationsverhalten.


oder Politikreferat des ASTA:

Technokratisch, nachhaltig selektionsorientiert. [...] Wer beispielsweise schon einmal im Land- oder Bundestag war, ein Stipendium genossen, einen Preis auf Bundesebene gewonnen, ein Unternehmen gegründet und geführt, einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt absolviert sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung genossen hat, darf sich auf die Sonnenseite zählen. Das durchschnittliche Alter für die Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung liegt allerdings zwischen 18 und 19 Jahren. Zu jenem Zeitpunkt bereits Mitglied im Land- oder Bundestag zu sein oder ein Unternehmen geführt zu haben, amüsiert die/den geneigteN LeserIn zurecht nicht zu knapp. [...] Sollte sich doch noch ein Studierender aus einer sozial „prekären“ Schicht, wie es so schön heißt, durch das Aufnahmeprozedere verirren, so hat sie/er es nicht leicht. Zum nebenbei Jobben ist der Bachelor nicht ausgelegt. Sein vorgefertigter Stundenplan sieht die größtmöglichste Wissensverwertung (viel und schnell auswendig lernen) in der kleinstmöglichen Zeitspanne (und somit auch den größtmöglichem Portemonnaieinhalt der Familienangehörigen) vor. Das Humboldt-Ideal eines freien, seinen Neigungen entsprechenden Studiums rückt in Deutschland somit in scheinbar unerreichbare Weiten. In den Semesterferien sind zudem Pflichtpraktika in Vollzeit vorgesehen – wieder nichts mit Lebensunterhalt verdienen. Und dabei wäre das im Zeitalter der Studiengebühren nun wirklich dringend geboten. [...] Häufig wird den Studienreform-KritikerInnen unterstellt, prinzipiell nicht offen für neue Strukturen zu sein. Internationalisierung sei wichtig für die Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit die Wettbewerbsfähigkeit, so heißt es. Sicherlich ist Internationalisierung
notwendig, da diese den kulturellen Austausch erleichtert und damit zu der Vergrößerung von Diversität und Innovationen beiträgt. Dennoch sollte hierbei nicht vergessen werden, wer oder was von dieser Internationalisierung ausgenommen wird. Und dies geht stets zu Lasten der benachteiligten Bevölkerungsgruppen, ob nun im Zuge des Bologna-Prozesses auf europäischer Ebene, oder der Globalisierung auf internationaler Ebene – so jedenfalls bitte nicht.


oder die UmWis Mathias Schröter und Sebastian Heilman, die KuWi Johanna Eisenschmidt und der KuWi Jan-Sebastian Ebert:

...Dieser Prozess war in dieser Form einer Universität nicht würdig. Die Hochschulöffentlichkeit wurde mit einem von der Hochschulleitung gemeinsam mit einer Werbe-Agentur ausgewählten Namen konfrontiert, den die meisten zuvor noch nicht gehört haben dürften. Wenn sich eine Universität einen Namen gibt, sollte dies gemeinsam mit den Universitätsangehörigen in einem offenen Diskurs erfolgen. Universitäten sind keine Wirtschaftsunternehmen, bei denen eine Werbe-Agentur das „branding“ übernehmen kann und sollte. [...] Die äußere Hülle der Uni wird chic und neu: Ein alter Name ist gefunden, der keinem etwas sagt. Der Campus wird architektonisch neu gestaltet (woher kommt das Geld dafür?), sodass der äußere Anschein vermittelt: Hier sehen Sie die neugeborene Leuphana Universität, wo mur die Fleißigsten und Klügsten studieren. Leider fehlt es im Inneren am Wichtigsten: Fähige Lehrende, die langfristig angestellt sind. [...] Leuphana Universität Lüneburg – klingt nach wie vor wie Nasenspray. [...] Für die meisten Leute in Uni und Stadt
stellte er sich von Anfang an so dar, als wenn Leute aus der Beraterbranche „bei uns im Hause“ ihre vorgefertigten Managementstrategien anwenden (sprich: aus Lüneburg ein zweites St. Gallen machen) wollen und sich nicht im Geringsten darum kümmern, mit welcher kulturellen Basis sie es hier vor Ort zu tun haben. [...] Die wohl größte und nach wie vor latente Befürchtung ist diejenige, einfach abserviert zu werden. Wir haben hier nach wie vor Einstellungsstopp, maximale Einsparungen und die Hoffnungen, dass die Neuausrichtung schnell etwas daran ändert, sind nur sehr schwach. Denn, wenn kein Geld für Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter da ist, aber Kapazitäten in ein neues Studienmodell investiert werden, habe nicht nur ich den Verdacht, dass es die momentan eingeschriebenen Studierenden sein werden, die unter dem neuen Modell eher leiden werden. [...] Audimax: What the f**k?!? Die größte Vorlesung hier an der Uni füllt knapp den Hörsaal 2, also was brauchen wir’s!?! Argumente dafür lassen auf sich warten…


Und last not least der studentische Senator Caspar Heibl:

...Dann wird das Damokles-Schwert der Schließung aufgehängt und das durch Kürzungen und Stellenabbau überlastete Personal und Professorium, sofern noch nötig, gegeneinander ausgespielt. Abtritt Universität Lüneburg, Ruhe in Frieden. Auftritt der totgeglaubten, wie Phönix aus der Asche wird sie als Leuphanawiedergeboren! Leistungsorientiert, autonom, in einem mitkonstruiertem Wettstreit um das spärliche Geld von öffentlicher und privater Hand, Frontkämpferin in einem globalen Krieg um Begabung, der Umgestaltung der Gesellschaft durch die Ausbildung von Leistungs- zu Funktionselite verpflichtet, unabhängig von lästiger Beeinflußung durch die Politik. Lästige Vorgaben zur sozialen Öffnung können abgestreift werden, auch das Korsett einer politischen Ideologie, die den Hochschulen aufzwingen wollte, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und mehr Bildung zu wagen. (Willy Brandt war also doch ein gleichmacherischer Kommunist, wie es scheint...) [...] Sehr einfallsreich, so der Eindruck des Verfassers sind die meisten dieser Ideen nicht, zumindest nicht für Menschen, die bereits von anderen Hochschulen vernommen haben, das diese nun Leuchtürme bauen, auf einzigartige Weise Forschung, Lehre und Transfer verbinden, die besten Studierenden und ForscherInnen anwerben, bestmöglichst qualifizierte Arbeitskräfte ausbilden, in der Forschung eine mindestens europaweite Spitzenposition anstreben, der regionalen bis internationalen Wirtschaft mit beständiger Innovation helfen, mit teurer Weiterbildung Geld verdienen, ein superduper konzipiertes Studium mit 24/7 Anwesenheitspflicht und die Studierenden mit völlig neuartigen Soft Skills zu überall einsetzbaren Arbeitskraftmodulen zu formen. [...] Doch landet diese Autonomie beim Hochschulpräsidium und führt in Verbindung mit den nun modischen „straffen, effizienten Entscheidungsstrukturen“ zu Konflikten innerhalb der Hochschule zwischen dem Präsidium und den Statusgruppen, bzw. zwischen letzteren.
Auch das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit, die die Hochschulen (noch!) finanziert, des lokalen Umfeldes der Hochschule (die Universität Lüneburg ist wichtigster Wirtschaftsfaktor der Region Lüneburg), der Politik, die vielleicht die Hochschulen doch ein bischen mitlenken will, der StudienbewerberInnen, die eine Hochglanzfassade wenig interessiert, all dies muss wohl in Zukunft zurücktreten zugunsten der „unternehmerisch handelnden Hochschule“, die ihre Marktstrategie nicht verraten will, gar Wirtschaftsspionage fürchtet. [...] Eine Universität, die ein neuartiges Studienmodell, eine neuartige Organisationsform und den entschiedenen Einsatz für die Lösung gesellschaftlicher Probleme leben möchte, wäre gut beraten, sich ihr internes Fachwissen zu nutze zu machen. Der Autor dieser Stellungnahme beispielsweise studiert Diplom-Erziehungswissenschaften mit dem (einzig vorgesehenen) Schwerpunkt Weiterbildung und Organisationsentwicklung, und vermutet, das das Fach einen Beitrag zur Neuausrichtung der Uni hätte liefern können. Da die Schwerpunkt-Professur seid ungefähr 5 Jahren nicht besetzt ist, kann der Autor nur raten. Entscheidend ist hier aber, das die Erziehungswissenschaften nur noch als Nebenfach weitergeführt werden, da es niemand gab, der die Disziplin im Wettstreit um die begehrte Zulassung als Hauptfach hätte vertreten können. [...] Ausgesprochen absurd mutet die eigenwillige Interpretation des Bologna-Prozeß an: In der druckfrischen Leuphana® -Selbstdarstellungsbroschüre wird zuerst behauptet, der Bologna-Prozess sei mit der Einführung von Bachelor und Master umgesetzt. Diese dreiste Behauptung wird noch gekrönt von der wagemutigen Behauptung, das die „Umsetzung der Bologna-Reformen das Organisationschaos manch bisheriger Studiengänge beseitigt“ habe. [...] Das die neuen Studiengänge den alten überlegen seien, darf zumindest für die Leuphana® Universität Lüneburg als teilweise falsch gelten und wurde auch vom jetzigen Präsidium mehrfach bestätigt. Nicht angepasste Prüfungsformen, massive Überbuchung des Workload mit in Hochphasen 50 Stunden Workload (Studienzeit) pro Woche, unklare Zuständigkeiten, Regelungslücken, magelnde Überarbeitung der Studieninhalte sind zwar nicht nur in Lüneburg als Kinderkrankheiten der neuen Studienformen zu sehen. Eine Behebung des Organisationschaos wäre aber wohl eher durch eine personelle Verstärkung der Verwaltung zu erreichen. [...] Das College wird Erfolg haben, wenn „alle Beteiligten Lehren und Lernen als Privileg verstehen“, so der snobistische Ansatz. Bildung als Grundrecht zu betrachten, scheint den Schöpfern der Leuphanaoffensichtlich zu hippiemäßig. [...] Die angedachten Interviews zur Auswahl von StudienbewerberInnen kommen hier gerade recht. So haben Auswahlgespräche nach Stand der Forschung zwar minimale Aussagekraft für den Studienverlauf, wie z.B. Oliver Wilhelm, Psychologe an der HU Berlin, gestern gegenüber der SZ verdeutlichte. [...] Doch soll nicht nur gepaukt, sondern auch und gerade Neues und Unbekanntes entdeckt werden. Die Leuphana-Studierenden sollen nicht mit möglichst kleinem Aufwand der Abschluß machen, sonder die Bereitschaft besitzen, Zeit und Energie für Unbekanntes und Unerwartetes zu investieren. Theoretisch eine sehr positive Idee. Aber auch nur theoretisch. In der Praxis dürfte diese Wissenslust aufgrund des finanziellen Druck durch Studiengebühren(kredite) und BaföG-Schulden nur bei Sprößlingen reicher Eltern gedeihen. Das dürften auch diejenigen sein, die den völlig absurden Katalog der Bonuspunkte für die Studienplatzbewerbung nutzen könnten. Wer gerade in den Bundestag gewählt wurde oder zumindest einen Sieg bei Jugend forscht sein/ihr eigen nennt, bekommt immerhinein paar Bonuspunkte. Wer doch nur teilgenommen hat, nur Kandidatin war, es nur bis zum Klassensprecher geschafft hat, oder so blöd war, statt der eigenen Firma nur eine Jugendgruppe zu leiten, bekommt natürlich keine Bonuspunkte für die Bewerbung. „Peanuts“ würde ein Freund unseres neuen Studienmodelles wohl dazu sagen. [...] Was genau bedeutet eigentlich Humanistisch, Handlungsorientiert, Nachhaltigkeit? Ist Nachhaltigkeit auch sozial gedacht? Ist humanistisch im bürgerlichen Sinne zu verstehen? Wozu und für was handeln? Lassen sich aus SchülerInnen starke Persönlichkeiten formen, wenn diese vom ersten Semester an intensive Allgemeinbildung, direkten Transfer, Anwendung von Theorien an konkreten Problemstellungen, überdurchschnittlichen Zeitaufwand, ehrenamtliches Engagement und zeitnahe Leistungserstellung bieten müssen? Werden diese Studierende in den drei Jahren Bachelor jemals den Campus verlassen, wenn es ein nicht studienrelevanter Termin ist?

Neuer Name, neues Logo

LEUPHANA. So heißt jetzt die Universität Lüneburg. Das ist angeblich der auf Ptolemäus zurückgehende Name für Lüneburg, obwohl es die Stadt erst rund 1000 Jahre später gab... Sogleich liefen die Leserbriefschreiber heiß und legten in der Landeszeitung dar, dass Leuphana einen Siedlungsplatz an der Elbe bezeichnet, von dem man nicht weiß, wo er genau lag, nicht einmal auf welcher Seite des Flusses; irgendwo zwischen Hamburg und Magdeburg.

Wahrscheinlich bezeichnet Leuphana die Altmark oder Dömitz. Wenn sich Ptolemäus nicht (wie in vielen anderen Fällen auch) geirrt hat und Leuphana am Rhein zu verorten ist. Sogar der u.a. aus "SPIEGEL online" bekannte Leipziger Onomastiker Prof. Jürgen Udolph schaltete sich in die Diskussion ein, lieferte eine sprachliche Analyse und kam zu dem Schluss, dass der Name für die Region Lüneburg in keiner Weise fundiert sei und am ehesten zu einer Region in den Niederlanden gehöre. Um die verwirrung komplett zu machen: Historiker im angelsächsischen Raum bezeichnen mit Leuphana die Leucorea, die ehemalige Wittenberger Univisertiät, an der auch Martin Luther lehrte; dies als Abgrenzung zur späterern Martin-Luther-Universität Wittenberg-Halle.

Laut Präsidium der Universität ist diese Vieldeutigkeit aber gewollt und solle für die Offenheit des Denkens und der Universität stehen. Sowas nennt man sonst wohl Ausrede...

Der Name war schon lange in der Diskussion, wurde aber bis vorgestern nur als Vorschlag kommuniziert, der noch zu diskutieren sei. Eigentlich mag niemand den Namen; im Gegenteil, wir würden uns gerade zu lächerlich damit machen. Assoziiert werden Pharmazie und Leukoplast oder Leukämie.

Vorgestern wurde bei einer Vollversammlung der Uni der Name samt Neuausrichtung vorgestellt. Quasi über nacht wurde die Webseite der Universität umgestellt. Gestern fand eine dazugehörige Pressekonferenz statt. In der Uni? Oder zu mindest in Lüneburg, beispielsweise dem Rathaus oder der Ritterakademie? Nein, sowas muss natürlich in Berlin stattfinden.