Freitag, 13. April 2007

Wer hat die eigentlich gewählt?

Ein Totschlage-Argument bei der überfallartigen Durchsetzung der Reformen ist immer wieder: Sascha Spoun (und damit indirekt auch Holm Keller) sei einstimmig gewählt werden. Das klingt so schön demokratisch, solange man nicht fragt: Von wem eigentlich?

Nicht von Studierenden, nicht von den Gremien oder der Professorenschaft, nicht vom Senat sondern vom Stiftungsrat.

Dem Stiftungsrat der Stiftung Universität Lüneburg gehören 13 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft an.

Der Stiftungsrat berät die Hochschule, beschließt über Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung und überwacht die Tätigkeit des Präsidiums der Stiftung. Zu seinen Aufgaben gehört es u.a., die Mitglieder des Präsidiums zu ernennen oder zu entlassen, über den Wirtschaftsplan zu beschließen und die Rechtsaufsicht über die Hochschule wahrzunehmen.

Wer alles dem Stiftungsrat angehört, was die Teilnehmer qualifiziert und nach welchen Kriterien und von wem sie ausgewählt wurden: Dazu schweigt sich die Uni-Webseite aus. Der Stiftungsrat ist das einzige Organ, für das kein Name, keine Adresse und keine Telefonnummer veröffentlicht wird. Zugleich ist es das höchste Gremium der Universtität. Wird sie aus dem Hinterzimmer regiert? Einige Mitglieder sind:

  • Dipl.-Volkswirt Jens Petersen (Vorsitzender): Geschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg
  • Dr. Norbert Bensel (Vorsitzender): Kurator zur Modernisierung der FHTW Berlin, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bahn AG, ehem. Schering, Daimler-Chrysler, ehem. Mitglied der Hartz-Kommission
  • Prof. Dr. Lenelis Kruse stellv. Vorsitzende, Professorin für Psychologie mit Schwerpunkt Ökologie (ökologische Psychologie) an der Fern-Uni Hagen, vorsitzende des UNESCO-Fachausschusses "Wissenschaften", Sachverständige für nachhaltige Waldwirtschaft am Bundesministerium für Bildung und Forschung
  • Prof. Dr. Rietje van Dam-Mieras Professorin für Biochemie und Biotechnologie, Fernuniversität der Niederlande, FH Köln,
  • Prof. Dr. Sigrid Bekmeier-Feuerhahn (Vertreterin des Senats)
  • Ministerialrat Heiko Gevers (Vertreter des Wissenschaftsministeriums), Zitat: "In Lüneburg rechnen wir damit, dauerhaft einen Betrag von etwa 5 Millionen Euro in den Hochschulen einsparen zu können." Etwa 10000 Studenten zahlen jeweils 500 € Studiengebühren. Klingelts?
  • Dr. Volker Böttcher Vorsitzender der Geschäftsführung TUI Deutschland GmbH
  • Dr. Dietrich H. Hoppenstedt Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes
Der Stiftungsrat stimmt sich mit einem Beirat ab, welcher sich aus Vertretern aller Statusgruppen der Uni zusammensetzt, was bedeutet, dass diese Gruppen im eigentlichen Stiftungsrat nicht vertreten sind und Spoun/Keller auch nicht gewählt haben.

Wenn man sich die imposante Liste hochbezahlter Top-Manager so anschaut, dann haben sie eines gemeinsam: Bei Ihrer Management-Tätigkeit hatten sie wohl mehr oder weniger Kontakt zu Unternehmensberatern wie z.B. von McKinsey. Das Gegenteil jedenfalls wäre sehr unwahrscheinlich. Die Vermutung, dass im Zuge der Neuausrichtung die Interessen der Wirtschaft vorrangig berücksichtigt werden, liegt zumindest nahe.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo, das ist so nicht richtig:

GEWÄHLT wurden Spoun und Keller durch den Senat.
ERNANNT hat sie allerdings in der Tat der Stiftungsrat, der auch als "Vorgesetzer" fungiert.
Dieser Stiftungsrat soll auch grad neu gewählt werden....

Leider gab es an die Findungskommision recht wenig studentische Vorschläge - also jammert nicht urm, wenn der euch zu "kommerziel" oder so besetzt wird.

leuphaNO hat gesagt…

Caspar, Du hast recht. Frage: "recht wenig Vorschläge" klingt für mich immer noch nach "mehr als ein Vorschlag". Warum hatte Spoun keine Gegenstimme? Wäre er auch gewählt worden, wenn dem Senat die Art und Weise von Markeneintragung, die Umbenennung, 67-Stunden-Woche und Audimax-Lüge klar gewesen wäre?

Anonym hat gesagt…

Wie Dr. Spoun ausgewählt wurde

Weder die Uni Hamburg, noch die Uni L ü n e b u r g, ... hätten ihren Präsidenten ... ohne professionelle Vermittlung gefunden.


Quelle: FTD.de, 14.03.2007

"Neue Berufe: Hochschul-Headhunter
Der Präsidentenmacher
von Marion Schmidt (Hamburg)

Für Hochschulen wird es immer wichtiger, von wem sie geleitet
werden. Wer es sich leisten kann und will, lässt den Präsidenten
von einem professionellen Headhunter suchen.
...
Am Telefon: Klaus Landfried, ehemaliger Präsident der Hochschul-
rektorenkonferenz (HRK). "Können wir jetzt sprechen?", fragte er, "oder soll ich zu einem anderen
Termin wieder anrufen?"
...
Dann kam Landfried zur Sache. Er suche jemanden für die Leitung der Uni ...

Begleitung des gesamten Findungs-
verfahrens. Abgeworben von Klaus Landfried, der seit drei Jahren einer in Deutschland bislang unbekannten Tätigkeit nachgeht: Er sucht im Namen der Baseler Societät für Unternehmensplanung SUP Führungskräfte für Hochschulen und begleitet diese durch das
gesamte Findungsverfahren. In der Wirtschaft nennt man so jemanden Headhunter, für Hochschulen ist er ein P r ä s i denten m a c h e r.
...
"Präsidenten müssen heute viel stärker eine Hochschule steuern und auch bereit sein, unangenehme Entscheidungen zu treffen, wie etwa die Einführung von Studien-
gebühren oder die Schließung von einzelnen Instituten", sagt Mathias Winde, der beim Stifter-verband für die Deutsche Wissen-schaft das Projekt "Akademisches Personalmanagement" verantwortet. "Es gibt nicht viele Personen, die das können oder wollen", sagt Landfried, "das Amt bringt keinen Lustgewinn".

Fast die Hälfte aller Unis greifen auf professionelle Hilf zurück
...
Da können Headhunter wie Landfried hilfreich sein. Aus seiner Zeit als HRK-Präsident hat er ein volles Adressbüchlein, ist bestens vernetzt in der Hochschulszene. Seine Spielregeln:
nicht zu viele Namen ins Spiel bringen, nicht lockerlassen. Alles
strikt vertraulich.
...
Das Suchen und Finden von Hoch-schulleitern ist eine komplexe
Sache, nicht selten auch "ineffizient und langwierig", so Winde.
Herkömmliche Findungsverfahren werden für die Bewerber nicht
selten zu einem persönlichen Spießrutenlauf, aus dem sie
öffentlich beschädigt hervorgehen. Kein Wunder, dass sich da
auf Ausschreibungen nicht unbedingt die Leute bewerben, die
man haben will. "Man muss auch den Mut haben, Leute anzusprechen, die erst nicht wollen, die sich nie selbst bewerben würden oder die eigentlich gar nicht verfügbar sind", sagt Klaus Landfried.

Doch statt externen Sachverstand von Anfang an einzubinden, werden Berater in der Regel erst dann gerufen, wenn die Findungskomis-sion quasi gescheitert ist. "Die sollen dann die heißen Kartoffeln aus dem Feuer holen", so Mathias Winde. ... etwa 20 Prozent eines
Jahresgehaltes sind als Provision üblich und werden der Uni in
Rechnung gestellt. Doch das kann sich lohnen:
Weder die Uni Hamburg, noch die Uni L ü n e b u r g, noch die Uni des Saarlands hätten ihren Präsidenten oder ihre Präsidentin ohne professionelle Vermittlung gefunden.