Freitag, 5. Oktober 2007

Die Tretmühle (4) - Rahmenprüfungsordnung

Die "Leuphanten", die neuen Ersties, sind da, und studieren nach einer neuen RPO (Rahmenprüfungsordnung). Diese sieht vor, dass jede Prüfung nur noch einmal wiederholt werden kann. In der Praxis sind weitere Wiederholungen möglich: Zusätzlich zu den Credit-Points gibt es ein System von Belegpunkten. Nicht bestandene Module können wiederholt werden, bis das Belegpunktekonto aufgebraucht ist. Belegpunkte haben einen wunderbaren Nebeneffekt: Sie machen frühzeitig sichtbar, dass ein Student mit den verbliebenen Punkten sein Studium nicht mehr zu ende bringen kann. Exmatrikuliert wird sozusagen schon vorbeugend und nicht erst, wenn dem Studenten im 9. Semester finanziell die Puste ausgeht...

Das ist politisch durchaus gewollt: In Deutschland brechen rund ein Drittel aller Studenten ihr Studium ab, und das tun sie meistens sehr spät, was allen Beteiligten viel Geld und Mühe kostet. Die Belegpunkte dienen also zusätzlich zu Orientierungssemester und Aufnahmeprüfung der Selektion. Wer glaubt, dass sein Punktekonto ihm hilft, Vorlesungen zu wiederholen, übersieht, dass er die folgenden Module in vorgesehenem Tempo weiter zu studieren hat. Offene Scheine müssen also bei vollem Workload nachgeholt werden, ein einfaches Verlängern des Studiums ist nur noch in eingeschränktem Rahmen möglich. Und das ganz unabhängig davon, dass Studierende, die länger brauchen, mehr Studiengebühren zahlen (im Extremfall sogar die erhöhten Langzeitgebühren).

Für einen Leuphanten gibt es also nur zwei Alternativen: sofort möglichst zügig zu studieren. Dabei sind die Ellenbogen aus zu fahren und die Scheuklappen aufzusetzen.
Oder ein so genanntes "faires Teilzeitstudium" beginnen, das allerdings dann unter Verzicht aufs BaFöG. Nutznießer sind all diejenigen, die sich dank elterlichem Finanzpolster ganz und gar dem Studium widmen können und in höheren Semestern angenehm leere Seminare genießen werden. Sie dürften den Workload von 36 Std/Woche (wohlgemerkt: vorlesungsfreie Zeit schon eingerechnet!) relativ problemlos stemmen. Studierende, die - aus welchem Grund auch immer - benachteiligt starten, müssen stark überdurchschnittliches leisten, um die gleiche Anerkennung zu erlangen. Und das in Zeiten, in denen selbst Bundespräsident Köhler die soziale Selektion im Bildungssystem anprangert.

Lieber Leuphant, wenn Du die RPO nachlesen willst: Auf der Leuphana-Seite ist sie noch nicht verlinkt, weil noch nicht ganz fertig und verabschiedet. Trotzdem ist sie für Dich verbindlich, eine Katze im Sack. Viel Spaß damit.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Darstellung ist sachlich leider nicht richtig.

In einer gestrigen Präsentation wurde die neue RPO dargelegt. Prüfungen zu Pflichtmodulen in der Orientierungsphase können 2 mal wiederholt werden, allerdings nur dann wenn die ersten beiden Prüfungstermine für das Modul wahrgenommen worden sind (inwieweit das "ernsthaft" geschehen muss und wie das ggf. definiert wird, wurde nicht deutlich). Alle anderen Prüfungen können einmal pro Modulbelegung wiederholt werden. Eine mehrmalige Wiederholung wird durch das nochmalige Belegen des Moduls (gegen Belegpunkte) möglich.

Die Einschätzung, Belegpunkte ermöglichten ein früheres exmatrikulieren ist leider völlig unsinnig. Die Belegpunkte sind bei genauer Betrachtung ein Ersatz für die bisherigen Maluspunkte, was sich auch daraus schließen lässt, dass das Verhältnis zu den zu erbringenden Kreditpunkten gleich geblieben ist (z.B. Alt-BWL Uni 120 Kreditpunkte bei max. 60 Maluspunkten; neu: zu erbringende Kreditpunkte mal 1,5 = Belegpunkte; es liegt also das gleiche Verhältnis vor). Die Belegpunkte / Maluspunkte sind also notwendig, um das endgültige Nicht-Bestehen eines Studiums (und es wird wohl keiner ernsthaft fordern, dass ein endgültiges Nicht-Bestehen abgeschafft gehört) feststellen zu können. Insofern führen die Belegpunkte hier nicht zu einer veränderten Situation. Hat ein Student nicht mehr genug Belegpunkte, um zu Ende zu studieren, hätte er unter den alten Ordnungen zu viele Maluspunkte gehabt. Die einzige "Verschärfung" besteht aus meiner Sicht darin, dass die Belegpunkte nach Bereichen geführt werden, was bei den Maluspunkten nicht der Fall war. Wer also die Belegpunkte im Major aufgebraucht hat, kann "überschüssige" Belegpunkte aus dem Minor nicht übertragen (zumindest habe ich das gestern so verstanden). In den alten Ordnungen gab es diese Gruppierung von Maluspunkten nicht.

Zu den übrigen Anmerkungen: Die Tatsache, dass ein Teilzeitstudium nicht durch BaFÖG gefördert werden kann, kann ja nicht dem Konzept der Uni angelastet werden. Hier sollten also eher Änderungen des BaFÖG gefordert werden!

Die Tatsache, dass die RPO zum Start der ersten Leupahnies nicht verfügbar ist, ist äußerst unschön; allerdings darf ich hier an die in der Diskussion gerne zu "guten alten Zeiten" verklärten Umstände unter dem alten Präsidium erinnern. Hier haben auch regelmäßig die Bachelorprogramme (und meines Wissens nach ganz besonders drastisch auch so mancher Lehramtsstudiengang) ohne Prüfungsordnungen begonnen. Das macht es zwar nicht besser und nicht weniger kritisierenswert, man sollte aber zwischen echten Änderungen und einer Fortführung von schon immer vorhandenen Mißständen unterscheiden.

Anonym hat gesagt…

Schön, dass offenbar auch mein Artikel in der AStA 2.0 (http://asta-lueneburg.de/fileadmin/images/asta2_0/ausgabe6_online.pdf) jetzt Diskussionen anregt. Ich hätte mir dies zwar schon früher gewünscht, beispielsweise in den Fachschaften, als Reaktion auf meine Rundmail über die Listserver, in der Zentralen Studienkommision oder auch verstärkt im Senat. Naja.
@Anonym (über mir)
Es sollte darauf hingewiesen werden, das die Maluspunkteregelung, soweit ich weiß, bislang nur in einigen Studiengängen der Fakultät 2 angewandt wurde.
Für alle anderen Schwerpunkte ist dies also eine Verschärfung. Aber schön, aus der Fakultät II mal überhaupt ein Feedback zu erhalten, das nicht von den in den Gremien aktiven DozentInnen stammt. Gut, den Empfang der Hochschulleitung vorzubereiten ist ja auch anstrengend genug für eine Fachschaft, die drei Geschäftsführer hat...

Herr Wein, Studiendekan Fak 2 und ZSK-vorsitzender, hat das ganze schön auf den Punkt gebracht: Die Leuphana-RPO erhöht die Verbindlichkeit auf beiden Seiten. Denn immerhin ist die Uni jetzt verpflichtet, 4! Wochen vor Vorlesungsbeginn* alle! Module samt Beschreibungen zu veröffentlichen. Das ist allerdings ja auch nötig, denn eine Woche vor Vorlesungsbeginn muss alles belegt worden sein. Und zwar nicht nur bei Mystudy, sondern auch beim Prüfungsamt (Hispos und/oder QIS, weiß ich grad nicht). Eine Rücktritt von Prüfungsanmeldungen ist auch nur noch in den ersten zwei Wochen der Vorlesungszeit möglich, was m.E. auch die Möglichkeit veringert, im laufenden Semester auf nicht vorhergesehene Workloadverscheibungen oder Stoff, der zeitaufwendiger als erwartet ist, zu ragieren. Eine derartige Verschulung ist nach meinem Verständnis nicht gerade hilfreich, um selbstständige und handlungsorientierte Persönlichkeiten zu formen, un dsomit ein Widerspruch zur verkündeten Leuphanaphilosophie. Hmm, allerdings wird z.B. "Form"schinken ja auch mit viel Druck in eine vorgegebene Persönlichkeit, äh, Form entwickelt.
Was die Aussage angeht: "es wird wohl keiner ernsthaft fordern, dass ein endgültiges Nicht-Bestehen abgeschafft gehört", verweise ich gerne noch einmal auf die Uni Bielefeld, die KEINE Begrenzung der Prüfungsversuche in ihren Bachelorstudiengängen vorsieht. Das Ergebnis laut zuständigem Vizerektor: weniger Prüfungsangst und (dadurch) ein schnelleres Studium.
Jaja, auch in Bielefeld haben die Wirtschaftswissenschaften ihre Autonomie gewahrt und haben die Prüfungsmöglichkeiten begrenzt.

Mit den von Studierendenvertretungen in ganz Deutschland geforderten echten Studienreformen in Rahmen von Ba-Ma-Einführung hat dieses Studienmodel auf jeden Fall leider recht wenig zu tun.

mehr dazu auf Nachfrage.
grüße, Caspar
Senator/ZSK-Mitglied (Stellvertreter)
- ich sollte anmerken, das ich offenbar der einzige (stimmberechtigte) Studi bin, der alle Phasen der L-RPO-Entstehung mitverfolgt hat-

* Gut, das es hier nicht Semesterbeginn heisst, denn der Beginn des Sommersemesters 2008 steht noch nicht fest, die SoSe-Vorlesungszeit dagegen schon. Die fängt nämlich am letzten Tag des WS an... ja, das ist "merkwürdig".
Quelle: www.leuphana.de/index.php?id=111

P.S.: Leute, gewöhnt euch mal fucking PSEUDONYME an! Und wenn ihr sie jedesmal wechselt: es ist eine Erleichterung. Ich finde es SEHR schwierig, mit "anonym", anonym" und "anonym" zu diskutieren, und z.B. darzustellen, das sich die Argumente von "anonym" und "anonym" widersprechen.